Redebeitrag Jugend gegen Rechts Leipzig: Mythos Nakba

Folgender Redebeitrag wurde auf unserer ersten Bündniskundgebung im Mai 2023 von Jugend gegen Rechts Leipzig gehalten:

Die Staatsgründung Israels wird häufig mit antisemitischen, antizionistischen Erzählungen verknüpft. Diese Erklärungsmuster sind nicht nur kennzeichnend für eine pro-palästinensische Bewegung, sondern ziehen sich milieuübergreifend durch die gesamte Gesellschaft. Viele Menschen vertreten die Annahme, der jüdische Staat habe die arabischen Palästinenser*innen ihrer Heimat beraubt und diese vertrieben.
Die Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 wird im palästinensischen Narrativ demnach als “Nakba” bezeichnet, als “Katastrophe”. Mit der Gründung des jüdischen Staates seien sogenannte “ethnische Säuberungen” eingeleitet worden, die für die Flucht und Vertreibung von rund 700 000 arabischen Palästinenser*innen verantwortlich gemacht werden. Der Nakba Tag steht somit auch heute noch für einen pro-palästinensischen anti-zionistischen Widerstand gegen einen jüdischen Staat und delegitimiert diesen eben dadurch. Kennzeichnend für die Verbreitung dieser Erzählung ist unter anderem die Ausstellung “Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948” des Flüchtlingskinder im Libanon e.V. Seit vielen Jahren wird hier mit großem Erfolg eine geschichtsrevidierende Darstellung des Prozesses der Staatsgründung weltweit an mehr als 175 Orten verbreitet. Für die Kriegshandlungen, die auf die Staatsgründung Israels folgten, werden in dieser Darstellung dabei ausschließlich angebliche Agressionen der Zionist*innen verantwortlich gemacht. Auch morgen wird diese Ausstellung sicher nicht zufällig 75 Jahre nach der Staatsgründung Israels erneut an der Philipps-Universität in Marburg eröffnet.

Aber werfen wir einen Blick in die Geschichte: Am 29. November 1947 stimmte die UN-Generalversammlung für die Resolution 181, die eine Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat, sowie eine internationale Verwaltung der Religiösen Stätten Jerusalem und Betlehem vorsah. Der Teilungsbeschluss basierte vor allem auf der Erkenntnis, dass territoriale Ansprüche der Araber*innen und Jüd*innen unvereinbar und die Teilung in zwei getrennte Staaten somit unabdingbar waren. Vor dem Hintergrund des aufblühenden Antisemitismus bishin zur industriellen Massenvernichtung von Jüd*innen durch die Nationalsozialisten zeigte sich die Notwendigkeit eines jüdischen Staates als weltweit einziger Schutzraum. Während der Beschluss von dem Jishuv anerkannt wurde, lehnte die arabische Seite den für sie vorgesehenen Staat ab. “Kein jüdischen Staat auf arabischen Boden” hieß es. Unmittelbar nach dem UN-Beschluss folgten Ausschreitungen von arabischer Seite, sowie eine Blockade Jerusalems.

Nachdem das britische Mandat über das Gebiet Palästina auslief, erklärte der zukünftige Ministerpräsident David Ben-Gurion Israel am 14. Mai 1948 für unabhängig. Der jüdische Staat war gegründet. Unmittelbar darauf erklärten die Nachbarländer Ägypten, Syrien, Libanon, Irak und Transjordanien Israel den Krieg. Durch die abgeschnittene Versorgung und Belagerung jüdischer Siedlungen ergab sich für die israelischen Streitkräfte die Notwendigkeit, jene Gebiete unter Kontrolle zu bringen, die im UN-Teilungsplan dem jüdischen Staat zugeschrieben worden waren. Israel gelang es, die arabischen Armeen zu schlagen und sein Existenzrecht zu verteidigen.
Fakt ist, der Krieg, der von 1947-1949 andauerte, wurde von arabischer Seite begonnen und nicht von dem neu gegründeten jüdischen Staat.

Im Zuge des Krieges und der vorangegangenen Ausschreitungen haben rund 700 000 arabische Palästinenser*innen israelische Gebiete verlassen und mussten fliehen. Doch anders als behauptet, wurde nur ein kleiner Teil von ihnen gewaltsam vertrieben.
Die Zahl der tatsächlichen Vertreibungen wird von Antizionist*innen höher gesetzt und instrumentalisiert. Was hier “ethnische Säuberung” genannt wird, geht auf den “Plan D” oder “DALET” zurück, welcher jedoch lediglich als militärstrategische Grundlage für Grenzverteidigungen dienen sollte und kein “Masterplan” für systematische Vertreibungen vorsah. Die Palästinenser*innen verließen ihre Häuser aus ganz verschiedenen Gründen. Zum einen wurde das Leben auf jüdischem Gebiet aus arabischer Sicht als Verrat angesehen. Zum anderen wurden jüdische Racheakte für die Progrome in den 30er Jahren befürchtet. Die meisten flüchteten jedoch infolge von Kriegshandlungen und teilweise auf Geheiß der arabischen Staaten, die ihnen eine Rückkehr nach der Zerschlagung Israels versprachen. Palästinensiche Araber*innen begaben sich in die Sicherheit der benachbarten arabischen Länder.
Die traumatischen Erfahrungen, die mit dem Verlassen eines Lebensraumes, den Menschen als ihre Heimat betrachten, einhergehen, sollen hierbei keinesfalls geleugnet werden.

Es wird viel über das Leid von palästinensischen Geflüchteten geredet im Vergleich dazu aber kaum über das der jüdischen. Fast die gesamte jüdische Bevölkerung aus den arabischen Staaten wurde 1948/49 vertrieben. Schon in den Jahren zuvor waren Angriffe auf Jüd*innen Alltag.
Die jüdischen Vertriebenen durften kaum Besitz mitnehmen und erhielten auch im Nachhinein keine Entschädigung von den arabischen Staaten. Ca. 71% der rund 820.000 jüdischen Geflüchteten erhielten in Israel eine neue Heimat und die israelische Staatsbürgerschaft.
Im Gegensatz zu den jüdischen Geflüchteten waren die palästinensischen ein internationales Thema. So wurde eine Hilfsorganisation, das heutige UNRWA ausschließlich für palästinensische Geflüchtete gegründet, wohingegen für alle anderen Geflüchteten weltweit der UNHCR zuständig ist. Weltweit einmalig ist auch das Rückkehrrecht, auf das sich die Palästinenser*innen berufen. Der Flüchtlingsstatus wird dabei von Generation zu Generation weitervererbt. So wurden aus den etwa 700.000 Menschen, die Israel während des Staatsgründungsprozesses verließen, über fünfeinhalb Millionen palästinensische Flüchtlinge, von denen die weitaus meisten das Land, für das ihr „Rückkehrecht“ gefordert wird, noch nie gesehen haben. Wenn sich Israel auf diese Forderung einlassen würde, würden Jüd*innen in Israel nicht mehr die Bevölkerungsmehrheit darstellen und ihr Schutz wäre somit in Gefahr.
Hätten die Vertreter*innen der arabischen Staaten den UN-Teilungsbeschluss damals angenommen, hätte sich keine Notwendigkeit zur Flucht ergeben.
Nicht die Staatsgründung Israels ist also für dieses Problem verantwortlich, sondern der daraufhin von den arabischen Staaten begonnene Krieg.

Wie wir gesehen haben, wird durch den Begriff „Nakba“ und die dahinterstehende geschichtsrevidierende Wahrnehmung der Staatsgründung Israels eine anti-zionistische und damit einhergehend auch notwendig antisemitische Meinung propagiert. Hierdurch entsteht ein verzehrter Diskurs, in dem durch die Dämonisierung israelischer Geschichte gegen Jüd*innen gehetzt wird.
Auch hier in Leipzig organisiert die antisemitische Gruppe Handala in der kommenden Woche mehrere Veranstaltungen mit Nakba-Bezug. Das wollen wir nicht unwidersprochen hinnehmen.
Wir stehen heute hier, um uns solidarisch mit Israel zu zeigen. Das Existenzrecht eines jüdischen Staates bleibt unabdingbar und dessen Selbstverteidigung legitim. Der Mythos Nakba muss aufgeklärt werden. Gegen jeden Antisemitismus.