Grußwort der Pirnaer Autonomen Linken auf der Kundgebung vom 14.05.2024

Liebe Demoteilnehmer, liebe Genossinnen und Genossen,

wie vor einem Jahr richten wir wieder ein Grußwort an euch. Nur haben
sich die Vorzeichen seit dem 7. Oktober komplett gewandelt. Nach dem
größten antisemitischen Massaker seit der Shoah hat Israel seine
Verteidigungskraft, die immer eine um seine Existenz ist, wiedererlangt.
Selbst der direkte Angriff des Iran konnte dank Iron Dome,
us-amerikanischer, britischer und arabischer Unterstützung fast komplett
abgewehrt werden. Unsere Gedanken sind weiterhin bei den 128 Geiseln,
die immer noch im Gazastreifen festgehalten werden, und ihren
Angehörigen. Möge Israel sie befreien und seine Kriegsziele erreichen.

Der seit dem 7. Oktober auch hierzulande offen grassierende
Antisemitismus kommt maßgeblich nicht von rechts oder der AfD. Die teils
großen Demonstrationen, die Hochschulbesetzungen, die Störaktionen am
Holocaustgedenktag in Auschwitz, die brutalen antisemitischen Attacken
entspringen der linken oder muslimischen Ecke – oder beiden. Auch wenn
die traditionell israelhassenden K-Grüppchen hier in Leipzig sich immer
größerer Beliebtheit erfreuen und gleichzeitig das Massaker der Hamas
und Konsorten feiern, spielt der Haufen gesamtgesellschaftlich aber eine
noch geringere Rolle als der militante Neonazismus. Die antisemitische
Avantgarde ist das nicht.

Sie sind vielmehr der Anhang dessen, was sich im Zuge des
Postkolonialismus als oftmals neuere Form der Regression an den
Hochschulen etabliert hat. Wer es mit der Bekämpfung des Antisemitismus
ernst meint, kann die Augen davor nicht verschließen. Es reicht ein
Blick auf die muslimischen und antiisraelischen Demos, Camps und
Konferenzen, die sich immer mehr dahin verlagern, wo überhaupt solches
Denken in den letzten Jahren seinen Ursprung hat: den Universitäten.
Hinzu tritt im unmittelbaren Zusammenhang die Kulturszene, die damit
eine unheilvolle Melange bildet. Hier lässt sich eine Entwicklung
beobachten, die gern mit einer Entprovinzialisierung Deutschlands
beschrieben wird. Man will endlich wieder in internationalen Debatten
eine Rolle spielen. Dafür müsse man sich jedoch vom eingeschränkten,
eurozentristischen Blick auf die Shoah verabschieden, ob bei der
Documenta, der Berlinale, dem Uniseminar oder der Sturasitzung. Dabei
importiert man sich gern die authentischen Stimmen des so genannten
globalen Südens, die sich in den meisten Fällen aber eigentlich im
Westen bewegen. Oder man sucht, wie Claudia Roth, den Anschluss, in dem
diese „Positionen“ Einzug im neuen Gedenkstättenkatalog erhalten sollen.
Tatsächlich schafft Deutschland damit ebenso wieder etwas originär
Neues: Die eigene Gedenkpolitik medien- und ideologiewirksam mit dem
Postkolonialismus zu verbinden.

Diese Entwicklung sollte nicht damit verwechselt werden, dass es
hierzulande bisher ein weit verbreitetes Verständnis des Antisemitismus
oder der Shoah gegeben hätte. Vielmehr erfüllt der postkoloniale Turn
das „sehr deutsche Bedürfnis, weniger »deutsch« zu sein“ wie die AG
Antifa aus Halle richtig bemerkt. Denn die „relativierende postkoloniale
Sichtweise auf den Holocaust ermöglicht es, den erdrückenden Ballast der
Vergangenheit abzuwerfen. Dass Deutschland im Vergleich zum Rest der
Welt eine Sonderstellung einnimmt, wenn es um Juden, die Shoah und
Israel geht, haben die Deutschen in erster Linie sich selbst und ihrem
Zivilisationsbruch zu verdanken.“

Noch machen sich die Antisemiten mit ihrem offen zur Schau gestellten
Wahn und Hass auf den Konferenzen, Demos, Camps und Besetzungen kaum Freunde. Dies gilt bisher auch im “Israel müsse sich zügeln” oder “wir halten Äquidistanz” Lager, zumindest oberflächlich. Dennoch werden ihre geistigen Vorreiter an den Unis und in den Redaktionsetagen immer
stärker, wie auch das jüngste Beispiel an der FU Berlin zeigt, wo sich
ca. 300 Lehrende gegen die Räumung des Propali-Camps ausgesprochen
hatten. Zusätzlich sei erinnert an das rekordverdächtig schnelle
Abflauen der ohnehin schwachen Solidarität mit Israel nach dem 7.
Oktober, der Neuinterpretation der deutschen Staatsräson, Huthi-Raketen
Richtung Israel nicht mit der Fregatte Hessen abzufangen oder jüngst die
ohnehin geringen Militärlieferungen einstellen zu wollen. Deshalb kann
es für eine sich als emanzipatorisch verstehende radikale Linke nur
heißen, alles in ihrer Macht stehende gegen diese Entwicklung zu tun.
Und wir freuen uns, aus der Entfernung beobachten zu können, dass es in
Leipzig Leute gibt, die sich den Antisemiten auch direkt entgegenstellen
– wie letzte Woche bei der Unibesetzung.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und solidarische Grüße

Pirnaer Autonome Linke

Grußwort der Pirnaer Autonomen Linken auf unserer Kundgebung vom 14.05.2023

Für unsere Auftaktkundgebung, die wir am 14.05.2023 in Leipzig unter unserem Bündnismotto „Reclaim Antifa – Emanzipation statt Antisemitismus“ veranstalteten, ließ uns die Gruppe Pirnaer Autonome Linke ein Grußwort zukommen, welches auf der Kundgebung verlesen wurde. Das Grußwort findet ihr auch hier auf dem Blog der Gruppe, wir dokumentieren es auch auf unserem Blog im Folgenden:

Liebe Demoteilnehmer, liebe Genossinnen und Genossen,

es sind verrückte Zeiten, in denen wir unser Grußwort an euch mit Sätzen erklären müssen, die zum festen Repertoire Linker gehören sollten: „Hitler hat den Menschen im Stande ihrer Unfreiheit einen neuen kategorischen Imperativ aufgezwungen: ihr Denken und Handeln so einzurichten, daß Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe.“

Wichtig und notwendig ist es (leider), die beiden folgenden Sätze des bekannten Diktums aus Adornos „Negativer Dialektik“ nicht zu unterschlagen: „Dieser Imperativ ist so widerspenstig gegen seine Begründung wie einst die Gegebenheiten des Kantischen. Ihn diskursiv zu behandeln, wäre Frevel.“ Die Gewissheit, dass die Abwehr des Antisemitismus eine der zentralen linken Forderungen ist, verschwand in den letzten zwei Jahrzehnten auch immer mehr aus ehemals „antideutschen“ Kreisen. Und dies trotz dessen auf nationaler wie internationaler Bühne „klassischer“ Antisemitismus rechter bis nazistischer Ausrichtung fröhliche Urstände feiert und in islamischer Ausprägung unter sich progressiv Gebenden beispielsweise in Kassel verteidigt wird. Das liegt nicht zuletzt an einer „Dekonstruktion“ des Antisemitismus, wie er in der Postmoderne betrieben wird. Dafür stehen einerseits Versuche, den Antisemitismus „antirassistisch“ zu „lesen“, d. h. unter den Rassismus zu subsumieren. Andererseits zeigt sich in Debatten um die Shoah und die Erinnerungs- sowie Gedenkkultur (Stichwort: Multidirektionale Erinnerung), wie sehr versucht wird, den Antisemitismus in Form eines neuen Schlussstrichs endlich ad acta legen zu können. Darüber können auch nicht die vielen zivilgesellschaftlichen Projekte hinwegtäuschen, in denen der Antisemitismus kontinuierlich beackert wird, ohne aber das Geringste zu begreifen.

Dass sich mittlerweile in ostdeutschen Städten der traditionelle, linke und antiimperialistische Antisemitismus immer größerer Beliebtheit erfreut und rote Grüppchen entstehen und wachsen, bildet noch das I-Tüpfelchen. Die Gruppen und ihr Hass auf Israel spielen zwar gesamtgesellschaftlich keine Rolle, machen es aber Juden und israelsolidarischen Linken durchaus unangenehmer – und das in einer Region, in der man aufgrund der staatssozialistischen Vergangenheit sonst nur über solche unbedeutenden, autoritären Grüppchen lachen konnte. Aber in Geschichtsvergessenheit ist die gesamte radikale Linke gut geübt. Zusätzlich ist vermehrt ein Phänomen in Dresden und Leipzig zu beobachten, welches man eigentlich nur aus westdeutschen Städten kannte: gewaltsame antiisraelische Kundgebungen. Auch hier gilt es, diese nicht unwidersprochen zu lassen und im wahrsten Sinne des Wortes Flagge zu zeigen.

Dem Hass auf Israel gilt es mit Kritik der deutschen und internationalen Zustände entgegenzutreten. Deshalb unterstützen wir diese Kundgebung mit dem Ziel, der antisemitischen Regression entgegenzuwirken. Zwar wird auch diese Kundgebung kaum etwas ausrichten können, doch was bleibt uns anderes übrig? Es ist auf jeden Fall schön zu sehen, dass es noch so viele vernünftige Menschen gibt.

Wir danken für die Einladung und freuen uns schon auf die nachfolgenden Beiträge.
Eure Pirnaer Autonome Linke

Grußwort von ConnAct Saar auf unserer Kundgebung vom 14.05.2023

Für unsere Auftaktkundgebung, die wir am 14.05.2023 in Leipzig unter unserem Bündnismotto „Reclaim Antifa – Emanzipation statt Antisemitismus“ veranstalteten, ließ uns die Gruppe ConnAct Saar ein Grußwort zukommen, welches auf der Kundgebung verlesen wurde. Das Grußwort findet ihr auch hier auf dem Blog der Gruppe, wir dokumentieren es auch auf unserem Blog im Folgenden:

Liebe Genoss_innen, liebe Freund_innen,

als ConnAct Saar begrüßen wir ausdrücklich die Initiative gegen den antisemitischen Rollback, der in der bundesweiten radikalen Linken an Hegemonie gewinnt, auch wenn wir nicht alles an dem Aufruf teilen. Während der rechte Terror und die deutschen Verhältnisse die Notwendigkeit eines gesellschaftlichen Bündnisses der von Rassismus und Antisemitismus Betroffenen auf die Tagesordnung setzen, heißt es in linken Mobilisierungen statt „von Hanau nach Halle“ „von Hanau nach Gaza“. Während deutsche Antiimperialist:innen früher Flaggen der USA und Israels skandalisierten, sind sie heute stark darinnen Parolen gegen Antisemitismus organisiert zu überstimmen. Bei den Protesten und Blockaden gegen die „Neue Stärke Partei“ im Juli letzten Jahres in Mainz ließen es sich Teile der „Antifa“-Demonstration nicht nehmen, Intifada-Parolen zu skandieren – während man am jüdischen Friedhof vorbeizog. Die Praxis dieser linken Antisemit:innen macht jede theoretische Beweisführung über den Zusammenhang von Antizionismus und Antisemitismus überflüssig. Was wir jedoch im Kampf gegen den Antisemitismus in der radikalen Linken als hinderlich empfinden, ist die Verschiebung dieses Kampfes hin zu einem Kampf gegen eine „autoritäre“, „rote“ Linke. Auch wenn es natürlich mehr zu kritisieren gibt an diesen Gruppen als ihr Antisemitismus. Dennoch scheint uns auch der Begriff der „emanzipatorischen Linken“ als nicht geeignet, eine vermeintlich „unbefleckte“ Tradition einer antisemitismuskritischen Linken zu repräsentieren. Dieser von den Spontis explizit als antikommunistisch gedachter Begriff wurde ausgerechnet von jenen Kräften entwickelt, die wie die West-Berliner Tupamaros ihren gescheiterten Judenmord vom 9. November 1969 durch einen völlig undogmatischen Umgang mit der Faschismustheorie als „wahren Antifaschismus“ halluzinierten, während die antisemitische Gleichsetzung Israels mit dem Nazifaschismus im Blätterwald der „emanzipatorischen und antiautoritären“ Bewegung den K-Gruppen in nichts nachstand. Wir wollen also polemisch sein: Es geht um Antisemitismus und nicht um Lenin! Es geht um Israel und nicht um die Aufgabe der kommunistischen Theorie und Tradition! Es geht um eine kommunistische Bewegung und Revolution, die die historische Notwendigkeit Israels überflüssig macht und nicht die Existenz des jüdischen Staates gefährdet. Wie das „Bündnis gegen Hamburger Unzumutbarkeiten“ vor mehr als 10 Jahren schrieb, ist von den antisemitischen kommmunistischen Gruppen vor allem zu lernen, dass man den von ihnen in den letzten Jahren leider erfolgreich geführten „Kampf der zwei Linien“ aufnehmen muss. Was diese Gruppen attraktiv macht, ist ihre vermeintliche Radikalität und ihre Antworten auf Fragen der revolutionären Strategie, ihre bundesweite Vernetzung und Organisierung. Während sich die ehemalige antideutsche Bewegung lieber in die Arme des bürgerlichen Staates, an den Tropf der bürgerlichen Medien, in die lokale Antifa-Arbeit oder in die „freien Assoziationen der Kritik“ zurückzog, überließ sie das Feld der überregionalen verbindlichen Organisierung, der kollektiven Intervention und der revolutionären Strategie den Israelfeinden. Wir freuen uns, dass ihr den Linienkampf in der linken Bewegung wieder offen aufnehmt und wünschen euch allen Erfolg. Noch mehr würden wir uns aber freuen, wenn sich aus eurer Initiative eine bundesweite Debatte entwickelt, wie dieser Kampf nicht nur in Leipzig, sondern bundesweit gewonnen werden kann. Sie ist dringend nötig!

In diesem Sinne:

Lang lebe Israel!

Gegen jeden Antisemitismus!

Für den Kommunismus!

Grußwort von DISSENS – Antifaschistische Gruppe Erfurt auf unserer Kundgebung vom 14.05.2023

Für unsere Auftaktkundgebung, die wir am 14.05.2023 in Leipzig unter unserem Bündnismotto „Reclaim Antifa – Emanzipation statt Antisemitismus“ veranstalteten, ließ uns die Gruppe DISSENS – Antifaschistische Gruppe Erfurt ein Grußwort zukommen, welches auf der Kundgebung verlesen wurde. Das Grußwort findet ihr auch hier auf dem Blog der Gruppe, wir dokumentieren es auch auf unserem Blog im Folgenden:

Als antideutsch geprägte und dadurch der Negation verpflichtete Gruppe, versuchen wir uns selbst und den Gedanken des „ganz Anderen“ in diesen trostlosen Zeiten irgendwie über Wasser zu halten.
Eingezwängt in die kleiner werdenden Nischen durchorganisierter bürgerlicher Lebensplanung, dem Versuch Linksradikaler durch die eigene Sozialdemokratisierung Anschlussfähigkeit vorzugaukeln und dem hier kritisierten traditionalistischen Rollback scheint uns dies notwendiger, je hoffnungsloser es ist. Im Angesicht des eigenen Scheiterns, wie es sich in der Popularisierung zutiefst antisemitischer Inhalte in der deutschen radikalen Linken zeigt, halten wir aber auch Selbstkritik angebracht. So spiegelt sich in weiten Teilen des israelsolidarischen Spektrums die Hierarchieriserung von Unterdrückungsverhältnissen und wahnhafter Ideologien, wie sie die autoritären Gruselgenossen betreiben. Interessieren sich die einen für alles außer für Antisemitismus, zeigt sich bei jenen eine schockierende Ignoranz gegenüber Rassismus, während beide hinsichtlich Queerfeindlichkeit gern eine eigenartige Querfront gegen irgendwas mit “Postmoderne“ bilden. Nicht das wir von jener Fan wären. Aber das eigene Nest, in dem man nach Gusto seinen ideologischen Halt findet, mag niemand beschmutzen. Dagegen halten wir fest: Ein transfeindlicher Antideutscher steht uns nicht prinzipiell näher als eine antisemitische Rote oder ein durch sämtliche Antidiskreminierungsworkshops gegangener Sozialdemokrat. An der befreiten Gesellschaft ist nichts davon näher. Lasst uns im besten Sinne ernstmachen mit der Forderung als “Abbruchunternehmen” die hiesige Linke vom orthodoxen und traditionalistischen Ballast zu befreien.

Für den Kommunismus heißt für den Dissens!

Grußwort von CAT Marburg auf unserer Kundgebung vom 14.05.2023

Für unsere Auftaktkundgebung, die wir am 14.05.2023 in Leipzig unter unserem Bündnismotto „Reclaim Antifa – Emanzipation statt Antisemitismus“ veranstalteten, ließ uns die Gruppe Communist Theory & Action Marburg ein Grußwort zukommen, welches auf der Kundgebung verlesen wurde. Das Grußwort findet ihr auch hier auf dem Blog der Gruppe, wir dokumentieren es auch auf unserem Blog im Folgenden:

Liebe Freund:innen und Genoss:innen,

die bundesweiten Entwicklungen autoritärer und antisemitisch linker Gruppen beschäftigen uns auch in Marburg. Umso wichtiger ist es dagegenzuhalten. Wir freuen uns darüber ein Grußwort auf der Kundgebung “Reclaim Antifa – Emanzipation statt Antisemitismus” halten zu können.

Ein Blick auf die Geschichte linker Bewegungen, nicht nur in Deutschland, sollte eigentlich genügen, um das Problem mit autoritären Gruppen und linkem Antisemitismus zu reflektieren. Das scheint leider in einigen Teilen der radikalen Linken nicht mehr der Fall zu sein. Die unter sich konkurrierenden autoritären K-Gruppen aus den 70er und 80er Jahren sind wieder da und erneut wollen sie die eine “wahre” kommunistische Partei aufbauen, die die Revolution als quasi-religiöses Heilsversprechen mit sich bringt. Und mit ihnen sind die Haupt- und Nebenwiderspruch Debatten wieder da, trotz aller Fortschritte hinsichtlich intersektionaler Ansätze und dem Ziel alle Herrschaftssysteme zu stürzen.

Eine radikale Linke muss sich mit der eigenen Vergangenheit und dem Scheitern linker Bewegungen auseinandersetzen. So demotivierend, kränkend und ekelhaft diese Aufarbeitung auch sein mag. Das heisst eine kritische Ausseneinandersetzung mit dem Staatssozialismus der Sowjetunion und der DDR, den K-Gruppen der 70er Jahre, nationaler Befreiungsbewegungen, sowie antisemitische Hetze und Anschlägen, die von linken Gruppen propagiert und durchgeführt wurden. Wir nennen hier nur kurze Beispiele dazu: Der versuchte Bombenanschlag der Tupamaros Westberlin am 09. November 1969 auf ein jüdisches Gemeindehaus und die Entebbe Flugzeugentführung 1976 durch palästinensische Terroristen in Zusammenarbeit mit Mitgliedern der Revolutionären Zellen, in dessen Verlauf jüdische Menschen segregiert und drei Geiseln, darunter eine Überlebende der Shoah, getötet wurden.

Wir empfehlen allen die Auseinandersetzung mit dem daraus resultierenden selbstkritischen Text von Mitgliedern der Revolutionären Zellen mit dem Titel “Gerd Albartus ist tot.” Wir zitieren: “Wir sahen Israel nicht mehr aus der Perspektive des nazistischen Vernichtungsprogramms, sondern nur noch aus dem Blickwinkel seiner Siedlungsgeschichte: Israel galt uns als Agent und Vorposten des westlichen Imperialismus mitten in der arabischen Welt, nicht aber als Ort der Zuflucht für die Überlebenden und Davongekommenen, der eine Notwendigkeit ist, solange eine neuerliche Massenvernichtung als Möglichkeit von niemandem ausgeschlossen werden kann, solange also der Antisemitismus als historisches und soziales Faktum fortlebt.”

Und um es deutlich zu sagen: Eine radikale Linke in Deutschland muss sich mit dem Nationalsozialismus und der Shoah aktiv auseinandersetzen. Erst dann ist nachvollziehbar, warum das Existenzrecht Israels als Schutzraum für Juden und Jüdinnen nicht verhandelbar ist.

Eine Auseinandersetzung muss auch dahingehend stattfinden, warum die K-Gruppen wieder da sind. Unser Kurzgedanke dazu: In Zeiten von Krisen und einer allgemeinen Hoffnungslosigkeit sind autoritäre Sehnsüchte und die Suche danach vorherrschend. Einfache Antworten auf komplexe Fragen, wie es die autoritären Gruppen mit dem Aufbau einer kommunistischen Partei propagieren, bieten bei genauerer Betrachtung keine Lösung an.

Wir plädieren für eine Trennlinie zwischen antiautoritär-emanzipatorischen Gruppen und den autoritären Gruppen. Antisemitismus ist kein Nebenwiderspruch, andere Formen von Diskriminierungen und Herrschaftsmechanismen auch nicht . Das Ziel ist nicht die Diktatur des Proletariats durch eine autoritär regierende kommunistische Partei, die uns recht wahrscheinlich in den Gulag stecken würde, wenn sie könnten, sondern die Aufhebung von Staat, Nation, Kapital und Patriarchat.

Reclaim Antifa, Reclaim antiautoritären Kommunismus – Emanzipation statt Antisemitismus.